Atacama: Von Salz, Staub und Schönheit

Atacama: Von Salz, Staub und Schönheit

In Südamerika arbeitet man gerne mit Superlativen: Der höchste Berg, die breiteste Straße, das beste Steak. Jetzt sind wir am trockensten Ort der Welt angekommen: San Pedro de Atacama. Hier führt kein Weg dran vorbei. Egal ob in Buenos Aires oder Valparaiso, überall schwärmen Backpacker und Einheimische von diesem magischen Ort. Und ja: Es ist trocken. Alles ist trocken. Haare, Haut, Nase, Boden, Luft. Man möchte schwitzen, aber Schweiß verdunstet auf der Haut.

Unser Hostel Aji Verde liegt etwas außerhalb, und kommt daher wie ein Hippie-Dorf. Überall wird gewerkelt, alles ist etwas unfertig, aber trotzdem schön. Einer bastelt Schmuck, zwei Franzosen spielen den immer gleichen Chanson auf ihren Gitarren. Und im Hintergrund arbeiten die Mitarbeiter daran, dass dieses Hostel einer der entspanntesten Orte ist, den wir bisher bereist haben. Ab und zu gibt es Geschrei und Tumult, aber nur wenn Ziege Eva mal wieder ins Haus eingebrochen ist, um Plastikmüll und Zigaretten zu klauen. Das passiert aber nur etwa 20 Mal am Tag.

Valle de la Luna

Den ersten Tag verbringen wir hauptsächlich schlafend. Hinter uns liegen 1.557km und 10+17 Stunden Busfahrt. Gestern waren es noch 15°C auf 20m über Meeresspiegel. Heute 30 Grad auf 2500m. Das spürt man. Die Luft ist dünn. Nadira erfährt sogar, was Höhenkrankheit bedeutet und wird von hämmernden Kopfschmerzen und Schwindel geplagt. Erstmal was essen, dann weiterschlafen. Auch am nächsten Tag lassen wir es ruhig angehen. Aber wir fühlen uns schon wesentlich besser und akklimatisieren uns langsam. Das Hostel vermittelt diverse Touren und als erstes wollen wir das Valle de la Luna sehen, für das die Atacama Wüste berühmt ist. Um 16 Uhr geht es los, sodass man pünktlich zum Sonnenuntergang auf einem Aussichtspunkt ist. Wir sitzen im Kleinbus in der letzten Reihe und können schon vor Abfahrt einen faszinierenden Ausblick genießen: Vor uns reihen sich die verschiedensten Arten von Sonnenschutz, Hüten und Kamera-Ausrüstung. Ein älterer Herr hat es geschafft, 3 (drei) Spiegelreflexkameras mit Zoom-Objektiven an seinem funktionsbekleideten Körper zu befestigen. Sicher ist sicher.

Zum ersten Mal fühlen wir uns ein bisschen touristisch, aber darüber können wir hinwegsehen, denn in den nächsten drei Stunden werden wir zu Orten gebracht, die wir alleine nie gefunden hätten und deren Schönheit und Faszination nicht in Worte zu fassen sind. Nachdem wir gigantische Dünen und die ewig weite Wüste bestaunt haben, blicken wir von einer Klippe auf das Valle de la Muerte. Die Größe und Weite dieses Tals und die grotesken Steinformationen, die Dalí nicht besser hätte malen können, sind nicht zu begreifen. Ich möchte alles fotografieren, dieses Bild irgendwie festhalten, aber ich muss mich immer wieder zurückhalten und einfach mal das Panorama genießen. Besonders der Anblick der vielen Touristen, die damit beschäftigt sind, Selfies aller Art zu machen und die Landschaft mit ihren Gesichtern zu verdecken, animiert dazu, die Kamera auszuschalten. Bei Sonnenuntergang bestaunen wir, wie die Wüste minütlich ihre Farbe wechselt und sich unter uns in eine Mondlandschaft verwandelt. Abends im Hostel gibt es Asado vom argentinischen Grillmeister und wir quatschen am Lagerfeuer entspannt und beseelt von den Eindrücken mit den freundlichen anderen Backpackern. Zu perfekt um wahr zu sein.

Laguna Cejar

Ein weiteres Highlight in der Atacama sind die Salzwasser-Lagunen mitten in der Wüste. Man kann dort auch mit dem Touri-Bus hinfahren, aber diesmal entscheiden wir uns für das Fahrrad. 60 Kilometer hin und zurück, bei 30 Grad. Sollte machbar sein. Obwohl wir etwas Respekt haben und es uns ehrlich gesagt zweimal überlegen, sind wir motiviert. Sonnencreme? Check! 3 Liter Wasser, Hut, Sonnenbrille und Kekse? Haben wir. Auf dem Schotterweg geht es immer geradeaus. Links und rechts ist nichts, am Horizont die immer noch beeindruckenden Berge. Es ist anstrengend, aber großartig. Wir schimpfen über die faulen Touristen, die uns in ihren Bussen überholen. Es ist Mensch gegen Maschine, Bus gegen Mountainbike, Pauschalurlauber gegen Abenteurer. Mal sehen wer hier zuerst baden geht. Nach 1,5 Stunden kommen wir erschöpft aber stolz an und springen sofort in den See. Selig treiben wir auf der Oberfläche, das Salz des Wassers vermittelt einem das Gefühl zu schweben – pure Euphorie. Die Bus-Touristen müssen irgendwann alle weiterfahren und so sind wir jetzt fast alleine. Wir haben gewonnen.

Später fahren wir wieder zurück Richtung Stadt. Die Sonne steht tief, die Wüste wirft lange Schatten. Um uns herum nichts und niemand, alle 10 Minuten mal ein Auto. Wir haben Rückenwind. Im Hostel angekommen kribbeln unsere Beine und Köpfe, wir sind glücklich und sehr salzig.

Die fünf Tage in der Wüste waren unvergesslich und faszinierend, aber es zieht uns weiter. Viele Geschichten aus Bolivien haben uns sehr neugierig auf das Land gemacht und wir planen unsere Weiterfahrt über Salta und La Quiaca nach Tupiza. Von dort aus wollen wir die sagenumwobene Salar de Uyuni entdecken – denn eine Wüste reicht uns nicht.