Mendoza: Vino, Therme und Anden
Es ist Abend in Buenos Aires und wir schlagen uns ein letztes Mal durch die Stadt, gen Busbahnhof. Zum ersten Mal haben wir ein mulmiges Gefühl, es ist dunkel und die Stimmung am Bahnhof ist angespannt. Am Terminal angekommen, setzen wir uns in ein Lokal und trinken uns mit mittlerweile liebgewonnenem Quilmes einen Hauch Mut an. Man könnte hier erzählen, wie Tom und ich fast den Fernreisebus nach Mendoza verpasst haben, weil wir zuviel damit beschäftigt waren, Bier zu trinken – aber das ist eine andere Geschichte.
In argentinischen Bussen gibt es Fast-Betten statt Sitze, sogenannte Camas ejecutivos, die man bis zu 180 Grad ausklappen kann. Unsere leider nicht, es hat nur für 160 Grad gereicht. Macht nix, schlafen im Rentner-Style (Schlafmaske, Deckchen und Nackenhörnchen) klappt wieder sehr gut. Was wirkliches Glück bedeutet, erfahren wir nach ungefähr 14 Stunden Fahrt: Ein Mann serviert uns eine Art Kaffee. Vor uns die Anden in Sichtweite, ein unfassbar schönes Gefühl.
In sonnigen Mendoza angekommen, fällt uns sofort der Unterschied zu Buenos Aires auf. Die kleine Stadt an den Anden ist etwas ruhiger, kein Wunder, da wir es hier nur mit maximal 100.000 Einwohnern zu tun haben. Vollgepackt wie zwei Lastesel (unsere 12 Kilo Gepäck fühlen sich auf einmal nach viel mehr an, sind das die zwei Mate-Becher?) geht es ins Hostel Casa Pueblo, fußläufig gut erreichbar vom Busbahnhof und unschlagbar günstig – umgerechnet 8 Euro pro Nacht. 6-Bett-Zimmer, natürlich. Der Klassenunterschied zu Gus liebevollem, wohlriechendem Appartement ist stark spürbar, aber wir reden uns gut zu, da wir ja jetzt endlich „richtige Backpacker“ sind. Die stolze argentinische Hostel-Frau (leider namenlos) spricht uns direkt alle Art von Steak-Kenntnissen ab, richtiges Bife gäbe es nur in Mendoza. Neugierig und etwas skeptisch laufen wir los. Die Parilla Don Mario liegt laut Hostel-Frau hinter einer „kleinen, schmalen Schnellstraße“, die man locker überqueren könne. Dort angekommen, stehen wir fassungslos vor einer fünfspurigen Autobahn. Wie da rüberkommen? Vor uns laufen ein Jogger und eine offensichtlich schwangere Frau, dahinter ein Radfahrer, immerhin mit Helm. Nun gut, dann schaffen wir das auch, mit ein wenig Glück und leicht schwitzend kommen wir auf der anderen Seite an. Das Bife und der Vino waren fantastisch, aber wir wollen hier ja nicht langweilen.
Von Thermen und Anden
Am nächsten Tag brechen wir auf, um uns den Reisestaub etwas abzuspülen. Angeblich gibt es eine Therme mitten in den Anden. Nach einstündiger Busfahrt stehen wir im Niemandsland, um uns herum: Berge. Wirklich? Eine Therme, hier? Wir fragen uns durch und tatsächlich, ein Eingang. Was danach folgt, werden wir wohl nie vergessen: Diverse Becken mit heißem Thermalwasser, dort drin, tummelnd: Circa 300 Rentner und 13.000 Schüler, alles schreit, lacht und gestikuliert. Neben den Becken gibt es riesige Grills, wo ganze Familien Fleischberge auf Holzkohle werfen, Mate-Tee trinken und einen unfassbaren Spaß haben. Wir beobachten, wie Vatti ein dickes Stück Fleisch vom Grill holt, alles klatscht begeistert Beifall. Wir tauchen erst einmal in diversen Becken ab. Nach schrumpeligen drei Stunden im Thermalwasser und einigen interessanten Konversationen und Beobachtungen später, wird es Zeit, den Heimweg anzutreten. Als der Bus uns wieder abholt, geht es erschöpft, aber happy zurück ins Hostel.
Abends kochen wir dann im Hostel (jeden Tag Steak geht ja nun auch nicht), quatschen mit den anderen Reisenden aus aller Herren Länder über ihre Routen und ihr Leben, es gibt viel Wein und noch mehr tolle Tipps für weitere Reisen. Nächster Programmpunkt, bevor es auch schon wieder weiter nach Valparaiso, Chile geht: Weinverkostung. Mit dem Fahrrad. Mendoza produziert übrigens 70 Prozent des argentinischen Weines. In vino veritas, stay tuned.
Tipps des Tages
- Baden in den Anden: Termas Cacheuta
- Parilla Don Mario (wirklich bestes Steak der Welt)
- Hostel Casa Pueblo: Klein, aber sehr fein
Ute
Okt 11, 2014 @ 09:39:42
Großartig , einfach nur großartig. Bitte weiter so
Nadira
Okt 13, 2014 @ 00:38:37
:* Muchas 🙂
Ertay
Okt 11, 2014 @ 10:22:53
Superschöne Erlebnisse, witzig und lebhaft beschrieben. Ich bekomme das Gefühl (fast) live dabei zu sein. Weiterhin gute Reise. Ich fiebere schon dem nächsten Beitrag entgegen. Denn Fernweh ist schöner als Heimweh 🙂
Nadira
Okt 13, 2014 @ 00:40:03
Danke, freut mich sehr, dass ihr das Gefühl habt, live mit dabei zu sein. Das ist doch das allerschönste, was wir erreichen können 🙂
Erich
Okt 11, 2014 @ 10:31:30
Baden in den den Anden unter blauem Frühjahrshimmel – stell ich mir super vor.
Vegetarier hätten’s wohl schwer in Argentinien ? 😉
Bin schon gespannt auf die nächste Episode – passt gut auf Euch auf
Nadira
Okt 13, 2014 @ 00:40:46
Haha, ich glaube, Vegetarier sind hier eine rare Spezies 😉 Vielen Dank und ebenfalls alles Gute nach München!
Andrea
Okt 11, 2014 @ 13:44:45
Toll toll toll :-)!!! Wir wollen mehr Geschichten hören! Liebe grüße an euch aus striebecks neuer wohnung in unserer Nachbarschaft!
Nadira
Okt 13, 2014 @ 00:42:33
Vielen lieben Dank 🙂 Wow, wohnt Striebeck jetzt bei euch um die Ecke? Wie toll! Beste Grüße auch zurück an alle!
Sabine
Okt 11, 2014 @ 19:01:06
Ihr macht das toll. Ich freue mich jedes mal, wenn morgens eine neue Geschichte da ist.
Nadira
Okt 13, 2014 @ 00:43:22
Danke sehr, es macht auch sehr viel Spaß, die Geschichten zu schreiben 🙂
Agnes
Okt 11, 2014 @ 19:17:59
Ganz toll und exotisch und wunderbar beschrieben. Ein besonderes Kompliment gilt dem Nagellack auf Weltreise 🙂 Sehr stilvoll, liebe Nadira!
Nadira
Okt 13, 2014 @ 00:44:52
Oh liebe Agnes, danke! Wie schön von dir zu hören, erinnerst du dich noch an unseren Interrail-Trip nach dem Abi? ich denke aktuell sehr viel daran 🙂 Alles Liebe!
Betty
Okt 12, 2014 @ 09:18:18
Toller Beitrag! Ich verschlinge Eure Berichte und sende viele Grüße aus Köln! Bin gespannt wie es weiter geht …
Nadira
Okt 13, 2014 @ 00:45:38
Besten Dank liebe Betty! Allerliebste Grüße zurück an dich :*
Ein Eimer Rum
Okt 15, 2014 @ 08:45:33
Ay ay ay!
Sabine
Okt 15, 2014 @ 09:03:48
Philipp?
Nadira
Okt 16, 2014 @ 23:03:33
Haha, ich vermute wen anderes 😉
Oma Else
Okt 15, 2014 @ 17:02:26
Schöne Grüße von Oma Else. Und weiterhin gute Reise. Ihr macht das ganz super
Nadira
Okt 16, 2014 @ 23:04:51
Liebe Oma, vielen lieben Dank! Allerbeste Grüße zurück 🙂
Nino
Okt 16, 2014 @ 03:03:14
Hallo ihr Guten!
Leider haben wir uns zum Abschied in Köln verpasst aber ich habe den Link von Frau Londo und freue mich sehr eure Reise hier verfolgen zu können. ♡ Ich habe beim Lesen ein großes Grinsen im Gesicht und freue mich schon jetzt auf den nächsten Eintrag. 🙂 Passt auf Euch auf und fühlt Euch gedrückt! :**
Nadira
Okt 16, 2014 @ 23:08:00
Wohoo Nino, wie toll von dir zu hören! Ja schade dass wir uns verpasst haben, bist du wieder in Köln? Haha, sehr gut von Frau Londo 🙂 Alles Liebe, auf bald :**
Thomas
Okt 16, 2014 @ 16:24:09
Irgendwie vermisse ich die Nennung von Insekten jeglicher Art. Bin gespannt auf die erste Wüste und kulinarische Konsequenzen. Hauptsache das Internet reicht bis dahin.
Nadira
Okt 16, 2014 @ 23:10:22
Ha, das mag daran liegen, dass es noch wenig Kontakt zu Insekten gab (glücklicherweise). Aktuell läuft eine Babyziege im Hostel rum, das ist ja auch was schönes 😉