San Blas Inseln: Paradies in Panama

San Blas Inseln: Paradies in Panama

Vor einigen Monaten, als wir gerade mitten in der Planung dieser Reise steckten, fiel mir ein Reise-Magazin in die Hände. Darin war ein Artikel über die San Blas Inseln vor Panama und mir war klar, dass ich da hin musste. Es war die Rede von einer Gruppe von 365 paradiesischen Inseln, die von den Ureinwohnern Panamas, den Kuna bewohnt werden. Diese haben es geschaft, ihre Heimat als autonome Region zu bewahren und sind als einzige berechtigt, Tourismus auf den Inseln zu betreiben. Das heißt: Nur wer dem Kuna-Stamm angehört, auf den Inseln geboren ist und dort lebt, darf Gäste beherbergen. Massentourismus hat hier keine Chance. Ein Traum. Panama war anfangs auf unserer Reiseroute nicht vorgesehen, aber als wir die Flüge buchten, wurde uns ein Zwischenstop dort angeboten. Wir mussten nicht lange überlegen.

Als wir in den Flieger von Lima nach Panama City steigen, sind wir aber erstmal etwas wehmütig. Wir lassen Südamerika nach acht Wochen hinter uns und wären am liebsten noch viel länger geblieben. Die Menschen, Länder und Kulturen sind uns ans Herz gewachsen – wir kommen auf jeden Fall wieder!

San Blas: Auf Umwegen ins Abenteuer

Panama habe ich im Vorfeld immer noch als „irgendwie noch Südamerika“ gezählt, aber der Unterschied ist doch gewaltig. Das Klima ist tropisch, man merkt einen großen amerikanischen Einfluss und das Temperament ist ein paar Grad heißer. Wir wohnen im Hostel Lunas Castle, das wir uns hauptsächlich wegen dessen guten Verbindungen zu den Inseln ausgesucht haben. Allerdings zeichnet es sich eher dadurch aus, sehr laut zu sein. Zu meiner großen Freude spielt fast jeder Gitarre, ohne es zu können oder macht anderweitig auf sich aufmerksam. So sind wir, ohne es zu merken, in einem Party-Hostel gelandet. Bei 30 Grad und 100% Luftfeuchtigkeit nervt es dezent, aber steigert die Vorfreude auf San Blas umso mehr. Zum Glück sind die Mitarbeiter des Hostels extrem hilfsbereit und bieten uns eine Auswahl verschiedener Inseln an, an deren Besitzer sie uns vermitteln können. Bereits in Cusco haben wir einen Tipp für eine spezielle Insel namens Sol y Playa bekommen und als wir nachfragen, flüstert „Jochen“ (Name geändert), diese Insel sei eigentlich nicht im Angebot, aber er kenne den Besitzer namens „Iron“ und wenn wir es niemandem weitersagen, könne er ihn anrufen und alles klarmachen. Deal! Er zückt also sein Handy, quatscht kurz, legt auf und alles ist geregelt. Er braucht nur unsere Vornamen. Mündlich wird vereinbart, wann und wo wir den Fahrer treffen, der uns in den Norden Panamas bringen soll, wo Iron uns mit dem Boot aufsammeln wird. Das alles läuft derart unter der Hand, das wir extrem skeptisch sind, ob uns wirklich jemand abholen wird. Tatsächlich kommt aber am nächsten Morgen pünktlich – also eine Stunde zu spät – ein netter Mann mit Jeep vorbei und fährt uns drei Stunden lang durch den Dschungel, bis wir an einem kleinen Fluss ankommen, an dem einige Boote warten. Niemand hat uns im Vorfeld gesagt, wie es ab hier genau weitergeht, aber unser Fahrer ruft uns zu „Sol y Playa? This guy!“ und zeigt in die Richtung einiger Männer. Einer davon begrüßt uns herzlich und winkt uns ins Boot. Es ist Iron, unser Gastgeber. Dass das alles geklappt hat und er wirklich hier auf uns wartet, grenzt etwas an ein Wunder.

Die 40-minütige Überfahrt verbringen wir hauptsächlich unter einer Plastikplane, denn es kommt gerade ein tropischer Regenguss runter und Iron hat uns schnell zugedeckt. Mit unter der Decke hocken einige Kuna-Männer, die Iron mit auf deren eigene Inseln mitnimmt. Alle versuchen möglichst trocken zu bleiben, es herrscht heitere Aufregung. Schließlich legt das Boot an einem Sandstrand an. „Willkommen auf meiner Insel“, sagt Iron in einem interessanten Mix aus Englisch, Spanisch und Kuna, „ich habe drei Cabanas, wo wollt ihr wohnen?“. Wir suchen uns die Hütte aus, die direkt am Wasser steht und ziehen ein. Tatsächlich sind wir die einzigen Gäste auf der Insel – ansonsten lebt hier nur noch Irons sechsköpfige Familie. „Es regnet noch 10 Minuten, dann wird’s schön. Und um 12 gibt’s Mittagessen.“ Damit überlässt er uns unserem kleinen Strand und unserer Cabana. Diese besteht aus einigen Pfählen und einem Palmendach, darin steht ein Bett mit Moskitonetz, der Boden ist Strand. Strom und fließendes Wasser gibt es auf der Insel nicht. Braucht man aber auch nicht, drei Meter vor unserer Tür ist das glasklare, türkise Meer. Ja, ungefähr so hab ich mir ein Inselparadies vorgestellt. Nach dem Mittagessen hängen zwei Hängematten zwischen den Palmen vor unserer Hütte. Besser geht’s nicht. Wir faulenzen, lesen, planschen und faulenzen danach. Viel mehr kann man hier nicht machen, aber nach zwei turbulenten Reisemonaten ist das genau das Richtige. An Tag 2 bekommen wir noch Besuch von zwei Paaren aus Israel und den USA und damit ist die Insel auch ausgebucht. Bei den gemeinsamen Essen tauschen wir uns aus, denn wie immer haben alle ein paar gute Reise-Anekdoten auf Lager. Beim täglichen Planschen im Meer entdecken wir auf einmal einige Delfine, die unsere Insel passieren. Vollkommen außer Rand und Band schwimmen wir in ihre Richtung und können sie in freier Wildbahn aus nächster Nähe beobachten. Ein Highlight unseres Trips, das kaum noch zu toppen ist.

Kuna-Fest: Tradition, Chicha und viel Tanz

Am nächsten Tag kommt Iron vorbei und verkündet, dass heute auf der benachbarten Insel ein Fest stattfindet. Er könne uns rüberfahren, wenn wir Lust haben. Zuerst klingt das etwas nach „Touristen trinken Cocktails am Strand“, wir sind extrem faul und zögern noch, ob wir das unserem kleinem Privatstrand vorziehen wollen. Iron erklärt aber, es handelt sich um ein traditionelles Fest und schließlich sind wir doch interessiert. Wir fahren auf die nächste Insel, die von weitem aussieht, wie eine schwimmende Stadt aus Holz und Palmenblättern. Zwei Dörfer gibt es hier mit jeweils 1.000 Menschen, erklärt Iron. Und als wir die Insel betreten ist uns klar, dass es sich nicht um irgendein normales Fest handelt. Auf den sandigen Straßen tummeln sich Kuna-Frauen in traditionellen Gewändern und Männer, die Jeans und Kappen vorziehen. Kinder tollen herum und zeigen uns, wie gut sie Handstand können. Alle sind ausgelassen und gut gelaunt. Zunächst werden wir mit skeptischer Zurückhaltung von den Bewohnern begrüßt, bzw. beobachtet. Wir sind die einzigen Besucher auf der Insel. Während uns Iron herumführt und alles zeigt, beobachten wir staunend die Szenerie. Es ist als wären wir in einer anderen Zeit gelandet, man spürt die traditionsreiche und unberührte Kultur. Besonders die Kuna-Frauen faszinieren uns unglaublich, da sie mit viel Stolz die Kuna-Traditionen aufrecht erhalten zu scheinen.

Iron führt uns in eine größere Hütte, den Festsaal. Hier drin ist es stickig und dunkel und etwa 200 Menschen haben sich auf Bänken am Rand niedergelassen und rauchen und quatschen. Immer wieder tanzen Frauen in einer Art Polonaise von draußen durch den Raum und bringen dabei Getränke in großen Schalen mit. Die älteren Damen rauchen Pfeife und tanzen am ausgelassensten. Die Schalen sind mit Chicha gefüllt, wie uns Iron erklärt. Dies sei Wasser mit Zucker und Kaffee, das in den fünf Tagen vor dem Fest fermentiert wird. Darin sei kein Alkohol, aber das können wir nicht ganz glauben, denn die meisten hier scheinen schon sehr betrunken und/oder high. Das Getränk wird, nachdem es hereingetanzt wurde, von den Jefes de Chicha nacheinander an alle Leute im Raum verteilt. Irgendwann sind auch wir an der Reihe und trinken unsere Schalen fleißig, wie es der Brauch vorsieht, auf Ex leer. Dabei muss man auf der Stelle tanzen und anschließend lustige Geräusche von sich geben. Die Kuna um uns herum sind sichtlich beeindruckt von unserem Engagement und freuen sich nun, dass wir da sind. Nach zwei Runden Chicha finden wir uns im Gespräch mit ein paar älteren Herren wieder, die uns die Tradition des Festes erklären und beinahe Nadira verheiraten. Sie könne dann auch eine eigene Insel haben. Sie scheint interessiert, lehnt aber schließlich dankend ab. Nach einiger Zeit, in der wir uns nicht an dem unwirklichen Treiben sattsehen können, müssen wir leider wieder fahren. Iron meint, noch eine Chicha für uns könne er nicht riskieren. Wir werden wohl nie erfahren, was in der Schale wirklich drin war, steigen aber mehr als beschwingt ins Boot, das uns zurück zu unserer Insel bringt.

Nach fünf Tagen auf der Insel fahren wir wieder Richtung Panama City. Wir verlassen dieses Paradies nur ungern, auf der anderen Seite freuen wir uns aber auf eine Dusche. Die Erlebnisse hier werden jedenfalls noch lange nachhallen. Wir verbringen noch ein paar Tage in Panama City und besichtigen die Altstadt, den Fischmarkt und den Panama-Kanal (der teure Eintritt wird mit viel Spaß auf Fake-Brücke und -Kontrollzentrum kompensiert). Nach unserer kleinen Robinson-Crusoe-Erfahrung steht nun das Gegenprogramm an: Los Angeles und ein anschließender Roadtrip durch Kalifornien.