Titicaca-See und Machu Picchu: Trekking für Anfänger

Titicaca-See und Machu Picchu: Trekking für Anfänger

Seeluft und kreischende Möwen – nach ein paar Stunden Busfahrt erwartet uns in Copacabana eine neue Welt. Wir sind am äußersten Rand Boliviens und blicken etwas ungläubig auf den Titicaca-See. Die Luft ist immer noch dünn, da wir uns ja in den Bergen befinden, aber man hat das Gefühl am Meer zu sein. Irgendwie verursacht das Konfusion im Kopf. Nach kurzer Eingewöhnung entscheiden wir uns, den einzigen Tag, den wir für den See-Aufenthalt geplant haben, auf der Isla de Sol zu verbringen. Dort kann man sich von einem Boot an der Nordseite der Insel absetzen lassen und entspannt zur Südseite wandern, um dann mit der letzten Fähre wieder nach Copacabana zurückzufahren – so steht es im Internetz. Aus “entspannt” wird dann ein leidvoller dreistündiger und bergiger Gewaltmarsch. 4.200 Meter Höhe, gefühlte 3.000 Grad Celsius, die Wege sind steinig und wir laufen uns fast tot (vielleicht hätte man in Köln doch die eine oder andere Sporteinheit mehr absolvieren sollen). Wir entscheiden, dass dies wohl dieses “Trekking” ist, von dem alle immer reden und streiten lange, ob wir so etwas irgendwann wiederholen möchten.

Mit roten Köpfen machen wir mehrere Pausen, in denen wir uns dann doch über die Schönheit des Sees und die der Landschaft freuen können. Blaue Lagunen und grünlich schimmerndes Wasser in der Abendsonne, die Natur Boliviens zeigt sich mal wieder von ihrer besten Seite. Wir schaffen es, den Fährsteg gerade so pünktlich zu erwischen, um dann festzustellen, dass die Fährleute just mit einer Flasche Vodka und mehreren Bieren beschäftigt sind. Man ist gut am Glas, aber wir nehmen die kleine Party lediglich mit einem erschöpften Augenblinzeln zur Kenntnis. Anschließend lassen wir uns von Käpt’n Schnapsnase heimwärts schippern. Am nächsten Tag geht es leider auch schon wieder weiter, die Zeit rast nur so davon und wir wollen ja noch nach Peru. Mit ein paar Tränen in den Augen verlassen wir Bolivien, es war für uns beide die bisher intensivste und schönste Zeit in Südamerika.

Peru: Arequipa und Cusco

Am nächsten Tag überqueren wir die peruanische Grenze und erreichen abends die Stadt Arequipa, wo es im Hostel erst einmal weder Strom noch fließend Wasser gibt. Egal, dafür ist die Stadt umso schöner, ganz malerisch und fein. Auch hier können wir leider nur kurz bleiben, aber wir schaffen es, das Kloster Santa Catalina zu besichtigen. Als Atheisten haben wir keinerlei religiöse Gefühle, es werden jedoch Besichtigungen am Abend angeboten, was das Ganze für uns irgendwie reizvoll macht. Im Kloster sind überall Kerzen aufgestellt, alles wirkt sehr friedlich und gruselig zugleich. Am nächsten Tag geht es für uns schon weiter, da wir dringend noch Machu Picchu sehen wollen. Realisiert werden soll das Ganze mit einem richtigen Trek. Zuerst geht es aber erst einmal nach Cusco. In unserem wundervollen Hostel Sumayak schlafen wir für umgerechnet 5 Euro pro Kopf (20 Soles) und freunden uns mit dem Besitzer an. Am nächsten Morgen schmeißen wir uns in die Planung: Agenturen werden verglichen, Trekkingangebote ausgelotet und es wird viel diskutiert. Letzten Endes stellen wir dann fest, dass der klassische Inca Trail bereits seit Monaten ausgebucht ist. Etwas traurig (und heimlich etwas erleichtert) suchen wir nach einer Alternative zu dem Trek, der einen über die alten Inca-Trails nach Machu Picchu führt. Wir entscheiden uns schließlich für den ebenfalls viertägigen Jungle Inca Trail mit Mountainbiking, Rafting, Ziplining und Trekking. Mehr als aufgeregt starten wir in den nächsten Tag, an dem es wieder einmal sehr früh los gehen soll.

Tag 1: Mountainbike und Rafting

Abgeholt werden wir von Jimmy, unserem Guide. Jimmy sieht aus wie ein großer und sehr frecher Junge. Er empfängt uns mit einem dicken Grinsen und fragt, ob wir bereit seien. Ich möchte “Ja!” schreien und mir mit der Faust auf die Brust schlagen, da ich so aufgeregt bin – lasse es dann aber doch lieber bleiben. Unser Jeep ist mit unseren Mitreisenden vollgequetscht, allesamt wirken freundlich und interessiert. Insgesamt sind wir eine bunt gemischte Truppe von Iren, Schweden, Amerikanern, Brasilianern und Holländern. Unser Fahrer stellt sich als “Richy, der Gringo-Killer” vor. Sympathisch. Er heizt dann auch gerne die Serpentinen hoch, lässt sich von Jimmy in die Seite pieksen und kichert viel. Ich bin etwas überrascht, dass wir es lebendig auf den Berg schaffen, zudem es auf den letzten Metern schwer neblig ist – man erahnt teilweise nur die steilen Hänge. Diese nebligen Straßen sollen wir jetzt mit dem Mountainbike runterfahren. Jimmy gibt uns eine kurze Einführung, murmelt irgendwas von wegen “Viel Spaß und gut achtgeben” und rast los. Wir alle hinterher. Das Fahren ist ein großer Spaß, aber auch höllisch anstrengend, da man keinen Fehler machen darf – ansonsten könnte man sich zermatscht am Kühlergrill eines entgegenkommenden LKWs wiederfinden. Nach zwei Stunden Fahrt und mit etwas zittrigen Händen erreichen wir das kleine Städtchen Santa Maria. Durch den Höhenunterschied hat sich interessanterweise auch ein Klimawandel vollzogen, es sind schwüle 30 Grad und die Mosquitos umfliegen uns bereits gierig.

Nachdem wir unsere Unterkunft für die Nacht erreicht haben, wollen wir auch schon weiter, denn Rafting steht auf dem Programm. Wir werden von vier grinsenden Jungs abgeholt und ich denke mehr als einmal, ob ich gerad bei Verstand bin, mit dem was ich hier tue. Am Fluss angekommen, sehen die Stromschnellen irgendwie krass aus, aber die anderen – bereits erfahrenen Rafter – meinen, dass muss so. Kurze Einführung später rasen wir über den Fluss. Wir paddeln wie die Verrückten, die Stromschnellen kommen näher und sehen riesig aus, ich denke: Das werden wir nicht überleben. Nach viel Geschrei und Getöse haben wir die erste Schnelle geschafft und das Adrenalin pumpt wie irre durch unsere Körper. Wir sind bereit für mehr und paddeln wieder los. Es macht unfassbaren Spaß, mal fällt jemand ins Wasser, aber wir schaffen es immer wieder, alle ins Boot zu holen. Nach gut zwei Stunden haben wir es geschafft. Alle sind klitschnass, mehr als traurig dass es vorbei ist, aber insgesamt sehr glücklich. Mit einem Bier in der Hand geht es total erschöpft ins Bett.

Tag 2: Wandern bis die Füße bluten

Nach einer viel zu kurzen Nacht steht heute Trekking auf dem Programm. Und Hiking. Den Unterschied habe ich bis heute nicht wirklich verstanden. Beides tut irgendwie weh. Jimmy meint, es werden so 7-8 Stunden Wanderei, ganz easy. Wir laufen los, es ist heiß, aber wir sind hochmotiviert. Geradeaus, kein Problem. So laufen wir viele, viele Stunden, machen ab und an kurze Minipausen, um Cocaplantagen und Kaffeenabau zu bewundern. Nach einiger Zeit, als ich denke, dass es nun an der Zeit wäre, anzukommen, meint Jimmy: “Nun geht es ein wenig steil hoch”. Das tut es, wir steigen zwei Stunden lang Treppen, steil bergauf. Es ist brüllend heiß, die Mosquitos ignorieren alle Formen von Anti-Spray und stechen uns fast tot. Alle anderen in der Gruppe scheinen einen Hauch fitter zu sein als wir. Als wir endlich oben ankommen, schicke ich einen Dankesgruß an Pachamama, die heilige Mutter Erde der Quechua. Wir befinden uns nun auf dem Inca-Trail, nichts für Höhenängstliche. Der Weg ist maximal einen Meter breit und links geht es steil runter. Als wir endlich Lunch-Halt machen, überlegen Tom und ich kurz, wie wir den Nachmittag überstehen sollen. Glücklicherweise sehen die anderen endlich genauso fertig aus wie wir und jammern viel. Das Essen wirkt allerdings Wunder, sodass wir alle den Abstieg ohne weitere Probleme meistern. In der Abenddämmerung kommen wir an einer heißen Quelle an, es gibt High-Five für die ganze Truppe. Jimmy lacht und meint, dies heute sei “Easy-Peasy” gewesen. Heilige Scheiße, Tom und ich gucken verlegen und melden uns im Geiste schon einmal im Fitnessstudio an. Das Baden bekämpft die Muskelschmerzen und wir entspannen im heißen Wasser. Danach geht es mit dem Bus ins Hostel.

Tag 3: Ziplining und Wandern

Der nächste Tag beginnt mit einer Runde Ziplining, was nichts mit Trekking und/oder Laufen zu tun hat. Wir sind mehr als dankbar. Ziplining heißt mehr oder minder, sich an vier aneinander folgenden Kabeln todesmutig wie Tarzan durch die Gegend zu schwingen. Das erste Kabel ist ein wenig Überwindung, aber danach macht es tierisch Spaß, wie ein Vogel durch die Luft zu gleiten. Das Ganze ist viel zu schnell vorbei und ich beschließe, dass ich nun offiziell keine Höhenangst mehr habe. Nach dem Mittagessen laufen wir wieder, diesmal aber wirklich nur geradeaus. Wir sehen eine schwarze Wespe, die ihr Opfer, eine Heuschrecke, paralysiert hat und den leblosen Körper hinter sich herschleift. Ihgitt, Zombie-Heuschrecken, wir sind wirklich im Dschungel. Abends kommen wir in Aqua Calientes an, eine Stadt am Fuße des Machu Picchu. Jimmy erklärt kurz den Plan für den nächsten Tag: Um 4 Uhr aufstehen, im Dunkeln zum Hike laufen und dann eine Stunde hinaufklettern. Im Hellen ankommen, Machu Picchu bewundern. Alright!

Tag 4: Machu Picchu im Sonnenaufgang

Der Wecker klingelt und es gibt kein Entkommen. Totmüde packen wir unsere Sachen und laufen los. Als es anfängt zu dämmern, packt uns der Ehrgeiz. Wir kämpfen uns Stufe um Stufe, gemeinsam als Gruppe, in Richtung Machu Picchu hoch. Es ist viel los, einige Ehrgeizlinge ziehen an uns vorbei, aber wir überholen auch rotgesichtige andere Menschen (Ha!). Es scheint, als ob wir unseren physischen Tiefpunkt von Tag 2 überwunden haben und klettern nun mit einem ordentlichen Tempo den Berg hoch. Oben angekommen erwartet uns ein grinsender Jimmy. Er ist mit dem Bus hochgefahren, erzählt uns aber permanent von seiner persönlichen Bestzeit, die er einst für den Aufstieg gebraucht hatte. Oben angekommen ist es neblig, etwas enttäuscht denke ich: “Wo sind die verdammten Ruinen?” Doch auf einmal ziehen die Nebelschwaden von dannen und Machu Picchu erscheint vor unseren Füßen. Es ist einfach nur ein großartiges Gefühl, wir haben es uns vier Tage lang erarbeitet hier zu sein. Stolz blicken wir auf die Inca-Ruinen.

Anschließend erhalten wir eine Führung, danach haben wir sogenannte „Freetime“ und erkunden Machu Picchu auf eigene Faust. Lamas laufen um die alten Steine herum – ich berühre zum ersten Mal eins, es ist ganz fantastisch. Wir nehmen die letzte Kraft, die wir noch zur Verfügung haben und klettern noch eine Stufe höher, auf zum Sungate. Von dort hat man eine wunderbare Aussicht. Der Brasilianer der Gruppe schafft es tatsächlich noch auf Wayna Picchu hoch, einen weiteren Berg, von dem die Aussicht ganz toll sein soll. Als wir ihm nach seinem Abstieg zufällig in die Arme laufen, ist er kreidebleich und sieht ein wenig so aus, als ob er kotzen müsste. Nachdem wir fast die ganze Gruppe wiederfinden, machen wir uns wieder an den Abstieg. Abends feiern wir dann gemeinsam unseren Erfolg mit viel Bier und Pizza. Als wir wieder in Cusco ankommen, sind wir seit 24 Stunden auf den Beinen. Tief in der Nacht stehen wir vor unserem Hostel und hoffen, das einer aufmacht. Unser Freund, der Hostelbesitzer, öffnet die Tür. Ohne uns auszuziehen, fallen wir in die Betten und schlafen glücklich und total erschöpft ein. Bald geht es ja schon wieder weiter.

Tipps des Tages

  • Hostel Sumayak in Cusco
  • Jungle Inca Trail (Anbieter: Southern Peru Explorers, Kosten: ca. 250 Dollar, inklusive Rafting und Ziplining)
  • Isla del Sol (Nordseite)
  • Kloster Santa Catalina, Arequipa (Besichtigung am Abend)