L.A., Las Vegas & San Francisco: Roadtrip, Baby!

L.A., Las Vegas & San Francisco: Roadtrip, Baby!

„Ist das da vorne etwa Jennifer Lawrence?“ flüstere ich aufgeregt, als wir am Gepäckband des Flughafens in Los Angeles stehen und vergeblich auf Toms Rucksack warten. Leider Fehlalarm. Ich bleibe dennoch wachsam und schaue mir jeden hippen Menschen mit großer Sonnenbrille sehr intensiv an. Währenddessen rotiert das Gepäckband weiter vor sich hin, aber der Rucksack taucht nicht auf. Die Airline verspricht, das geliebte Gepäckstück abends in unser Airbnb-Appartement nachzuliefern, also machen wir uns erst einmal auf in Richtung Autoverleih. Dort wenden wir stolz die im Internet erlernten Tricks an („Ähm, nein danke, wir brauchen keine supercoole Extraversicherung für ’ne Tonne Geld“). Die Dame am Schalter scheint genervt, bleibt aber trotzdem maximal höflich. Neben ihr sind auch der Grenzbeamte beim Einreisen, das Flughafenpersonal und der Kaffeeverkäufer sofort mehr als freundlich, sodass wir beide erst einmal etwas kulturgeschockt sind. In Südamerika musste man sich die Freundlichkeit der Menschen teilweise etwas erarbeiten, hier in den USA wird man bekanntermaßen damit übergossen.

Los Angeles: Venice-Beach, Beverly Hills und Santa Monica

Nachdem wir unseren Wagen gefunden haben, schreien wir „Roadtrip!“ und das Auto rollt mit Schrittgeschwindigkeit in Richtung Downtown L.A. Da ich aufgrund einer genetischen Disposition keinen Orientierungssinn besitze, klappt die Navigation mit dem Handy nicht so wirklich gut. Nach etwas Streit, Geschrei und einem Fahrer-und Navigationswechsel kommen wir dann aber doch noch erfolgreich in Downtown an. Dort warten schon Ambar und ihr Freund, unsere Gastgeber für die nächsten Tage. Das Künstlerpaar empfängt uns sehr freundlich und hilft uns, das verlorene Gepäckstück abends tatsächlich wieder zu erhalten.

Am nächsten Tag wollen wir nun aber endlich „die Stars“ sehen und so cruisen wir mit dem Auto durch Beverly Hills. Aufgeregt fahren wir langsam an den Villen vorbei, in der Hoffnung, eine A-bis B-Prominenz beim Joggen, Koksen oder Ähnlichem zu erwischen. Aber irgenwie scheinen diese auf einer uns unbekannten Party zu sein – wir sehen nur geflegte Einfahrten und sehr reiche, aber traurigerweise auch sehr unbekannte Menschen. So fahren wir etwas missmutig weiter zum Venice Beach. Belohnt werden wir sofort durch die Stimmung dort: Alle skaten/und oder surfen – megacool! Der Teenie in mir flippt komplett aus. Wir beschließen, am Skatespot ein Bagel-und Kaffee-Frühstück zu uns zu nehmen. Die Jungs und Mädchen sind ziemlich gut und Tom und ich diskutieren lange unsere Möglichkeiten und Chancen, doch noch Profi-Skater zu werden. Anschließend machen wir uns auf den Weg nach Santa Monica. Die Sonne scheint und die Stimmung ist hervorragend. So laufen wir beschwingt durch die Straßen. Ein Lieblingsladen reiht sich an den nächsten und auf einmal fällt uns das fast einjährige, selbst auferlegte Klamotten-Konsumverbot ziemlich hart auf. Ich murmel ein „Nur mal kurz gucken, da ist glaub ich Sale“ und das Kind ist in den Brunnen gefallen. Nach mir fällt auch Tom, wie die Junkies laufen wir los und bringen unsere Kreditkarten zum Glühen. Etwas verschämt streicheln wir danach unsere Einkaufstüten und freuen uns dann doch über neue T-Shirts, Boardshorts und Hosen. Braucht man ja alles für die Reise, trotzdem machen wir mal lieber, dass wir hier wegkommen. Der Rodeo Drive und die Melrose Avenue werden anschließend nur vom Auto aus begutachtet (ein wenig Selbstschutz muss ein), immer noch endorphindurchflutet fahren wir heimwärts.

Las Vegas: Zombies am Automaten

Am nächsten Morgen geht er nun aber richtig los, unser Roadtrip. Wir wollen nach Las Vegas, um anschließend den legendären Highway 1 nach San Francisco hochzufahren. Doch zunächst führt uns die Route durch die Wüste. Dieser Abschnitt gestaltet sich als etwas eintönig, dennoch hat Tom viel Spaß mit unserem Radio, da dieses viele Van Halen-Songs spielt. Es wird begeistert mitgesungen und Luftgitarre gespielt. Nach einiger Fahrerei und der emotionalen Diskussion, was an Van Halen jetzt so toll sein soll, erscheint vor uns ein blinkendes Lichtermeer. Wow, Vegas! Wir fahren in die Stadt hinein und staunen wieder mit offenem Mund. Durch ein mehr als großzügiges Geburtstagsgeschenk können wir uns ein großes Zimmer in einem richtigen Hotel leisten. Der Rezeptionist hält uns, seinem Blick nach zu urteilen, zunächst für Obdachlose, als wir mit wirrem Haar und großen Rucksäcken in die Lobby stolpern. Seine Stimmung wandelt sich aber sofort, als er unseren Gutschein sieht und man führt uns freundlich in das Zimmer. Wir planen ein großes Spektakel für den nächsten Tag, eifrig werden Online-Poker-Schulungen geguckt und mögliche Gewinne aufgeteilt.

Nach viel Rumgammelei im Hotel starten wir abends etwas angeschickert unser Projekt „Möglichst viel Geld mit wenig Verlust machen“. Nach Begutachten der Siegfried-und Roy-Statue wagen wir uns in das erste Casino. So muss sich ein epileptischer Anfall anfühlen: Blinkende Automaten geifern nach Geld, alles ist voller Leute, die euphorisch kreischen. Tom macht sich auf die Suche nach den Black-Jack-Tischen und ich stecke meinen ersten Dollar in eine Maschine. Nach Einmal-Hebel-ziehen ist der Dollar weg. Wie, kein Gewinn? Nix? Ich entscheide, dass das keinen Spaß macht und mache mich auf die Suche nach Tom. Er ist total genervt, dass der Mindesteinsatz an den meisten Tischen bei 25 Dollar beginnt – wo soll man denn da hin mit einem maximal verspielbaren Budget von 30 Dollar? Irgendwie haben wir uns das anders vorgestellt und wir klappern noch weitere Casinos ab, vielleicht sieht da ja besser aus. Leider tut es das nicht, sodass wir vor Schreck einen 16-Dollar-Cocktail (!) trinken und überlegen, ob wir uns noch spontan tätowieren lassen oder heiraten, damit der Abend doch noch ’ne coole Story abwirft. Da wir dafür nicht betrunken genug sind, entscheiden wir uns, den anderen Menschen beim Spielen zuzugucken. Es ist erschreckend, wie viel Geld so eine Durchschnitts-Omi in einem Automaten versenkt. Ein 10-Dollar-Schein nach dem Nächsten wandert in den Schlitz. Irgendwie ist das hier alles nicht so wirklich unsere Welt, lieber holen wir uns ein Eis und wanderen noch etwas über den Strip ins Hotel zurück.

San Francisco: Hippies unter sich

Am nächsten Morgen geht es auch schon weiter. Nach einer interessanten Motel-Nacht-Erfahrung fahren wir also endlich San Francisco entgegen. Der Highway schlängelt sich mit vielen Serpentinen an der Küste Kaliforniens entlang, wir halten oft an und staunen über die schöne Natur. An einem See-Elefanten-Ausblick begutachten wir eine Horde von Tieren, die am Strand rumhängen, schlafen und sich ab und an mit ihren kleinen Flossen den Bauch kratzen. Was für ein Leben. Abends erreichen wir San Francisco, wir sind beide sehr aufgeregt, denn die Erwartungen an die Stadt sind hoch. Nachdem wir den Mietwagen abgegeben haben, checken wir im Hostel ein. Die Hostelfrau erzählt uns von einem Hurricane, der heute Nacht über die Stadt fegen soll, sogar die Schulen würden geschlossen. Kurz überlegen wir noch, ob wir uns mit Kerzen und Essen eindecken sollen, entscheiden uns aber dagegen und gehen lieber in eine Bar. Am nächsten Tag regnet es. Gut für uns, so haben wir dann doch die Möglichkeit den feinen Mission District mit seinen tollen Lädchen zu erkunden. Uns schließt sich spontan eine Engländerin aus dem Hostel an. Sie sammelt Haare von Freunden in einem Gefäß, ist sonst aber total gut drauf und wir haben einen sehr spaßigen Tag im District. Tom und ich sind beide sehr verliebt in die Stadt und überlegen, wo wir am liebsten wohnen würden, wenn wir denn hier leben könnten.

Am Tag darauf geht es zum ersten Mal seit Beginn der Reise zum Friseur, da wir schon etwas verwildert aussehen. Wir wandern durch Chinatown, bestaunen Fishermans Wharf und erreichen dann das Hippie-Viertel Haight-Ashbury. Dort landen wir erneut in einer coolen Bar, diskutieren mit den Locals über das Pro und Contra von besoffenen Teenagern und laufen anschließend zurück ins Hostel. Am nächsten Morgen steht Alcatraz auf dem Programm, etwas übermüdet quetschen wir uns mit sehr vielen anderen Menschen auf die Fähre. Die Gefängnis-Insel ist total interessant, da die meisten der Zellblöcke noch bestehen und man den Geist der ’60er, als das Gefängnis noch in Betrieb war, spüren kann. Was das Ganze aber definitiv aufwertet, ist die Ai Weiwei-Ausstellung, die noch bis Ende April 2015 zu sehen ist und mich unfassbar berührt hat.

Nach all den aufregenden Erlebnissen ist unser kleiner Roadtrip nun leider schon wieder vorbei. Doch es geht direkt weiter nach Hawaii, wo wir endlich ordentlich Surfen lernen wollen. Vielleicht klappt es ja danach noch wenigstens mit der Profi-Surf-Karriere.

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